Dieses Jahr hat uns Grundschullehrern einiges Abverlangt. Präsenzunterricht, Hybridunterricht und Distanzunterricht… von allem etwas, gemischt mit allerlei Ängsten, Frust und vor allem gepaart mit einem harten Willen, dass trotz Pandemie und Virus, die Grundbildung der Jüngsten vorangebracht werden muss.

Und man merkte schnell, ein Patentrezept gibt es nicht, überall andere Regelungen und Lösungsansätze. Darum will ich euch erzählen, wie ich die Sache angehe. Den Kopf hängen lassen, das ist nicht mein Ding. Lieber versuche ich auf 20 unterschiedliche Möglichkeiten, etwas in Gang zu bringen, denn was nützt das Klagen: wir – und vor allem die Kinder in der Grundschule – müssen da durch.
Und so habe ich meinen Distanzunterricht vorbereitet:
Zuerst einmal habe ich meine Tabelle mit Anlauten in eine Lauschtabelle umgewandelt. Auch wenn wir uns nicht im Klassenraum sehen und der Unterricht in verteilten Videokonferenzen stattfindet, können die Schüler so die Laute wiederholen. Die interaktive PowerPoint Datei spielt beim Klick auf den jeweiligen Buchstaben oder Zwielaut, den Laut und das Beispielwort.

In der interaktiven Anlauttabelle klicken die Schüler auf das Lautsprecher Symbol und hören den passenden Laut.
In den Videokonferenzen können wir diese Tabelle auch für Lauschdiktate nutzen. Entweder ich klicke auf einen Buchstaben und die Kinder hören und schreiben / zeigen. Oder ich ich teile die Erlaubnis die Präsentation zu bedienen und ein Kind übernimmt die Rolle des Lehrers. Am Anfang – also vielleicht in den ersten zwei oder drei Stunden, in denen wir in den Videokonferenzen interaktive PowerPoint Dateien verwendet haben, brauchten Schüler und auch einige Eltern erst einmal Starthilfe. Es ist nun einmal so, nicht alle haben vor Corona so viel Computer und Medienerfahrung mitgebracht. Aber nach ein paar Erklärungen und mit Geduld und Spucke haben wir das relativ schnell hinbekommen. Und meine Erstklässler und ihre Eltern haben das Arbeiten mit den interaktiven Aufgaben prima gemeistert.
Und die Schreibrichtung
Nachdem also das Üben an der Anlauttabelle so prima auch digital funktioniert hat, habe ich mir überlegt, wie ich den nächsten wichtigen Schritt an die Eltern, bzw. die Schüler übermitteln kann. Ihr wisst das, wir Grundschullehrerinnen sehr pingelich sein können, was die Stifthaltung und die richtige Schreibrichtung angeht. In der Schule steht man mal hinter jedem Kind und beobachtet, wie es die Buchstaben schreibt. Oder man bittet die Schüler, dass sie nach vorne kommen, um die Buchstaben an der Tafel nachzuspuren oder man übt gemeinsam mit Montessori Buchstaben. Aber wenn die Kinder nun zu Hause sind?
Für die Stifthaltung habe ich noch keine perfekte Lösung gefunden, denn in den Videokonferenzen sieht man die richtige Haltung nicht wirklich gut. Aber: für die Schreibrichtung habe ich gleich zwei Materialien gebastelt, die ich meinen Schülern nach Hause schicken kann: die typischen „Straßenbuchstaben“ zum Nachspuren mit dem Finger oder Auto habe ich fix erstellt, so dass die Eltern diese zu Hause drucken können und mit den Kindern einen kleinen Ordner daraus machen können. Ich habe mehrere Versionen gemacht. Wer keine Autos mag, kann die Weltraum oder Wasserstraßen nutzen. Die Straßenversion habe ich außerdem auch als interaktive Powerpoint erstellt. So können Eltern und Schüler schauen, ob das Kind den Buchstaben schon in richtiger Reihenfolge schreibt. In der Datei befährt ein kleines rotes Auto die Straße, wenn eine Ampel auf grün schaltet. Die Ampel habe ich vorgeschaltet, damit die Kids sich darauf konzentrieren, wo die Fahrt beginnt.
Lesen und Schreiben üben
Natürlich müssen die Schüler auch das Lesen und Schreiben üben. Zum Lesen habe ich zu jedem Buchstaben Bildkarten erstellt, diese nutze ich seit Jahren im Präsenzunterricht, weil sie besonders meinen Schülern aus der Deutsch als Fremdsprache Gruppe sehr helfen. Aber die Bildkarten funktionieren auch in der Videokonferenz (ausgedruckt auf 180g Papier) und in digitaler Form.
So kann ich zum Beispiel am Digitalen Whiteboard oder in einem Google Jam die Schüler ihre Ideen zeichnen lassen. Welche Gegenstände haben den Anlaut A? Oder wir spielen Kimspiele mit den Bildkarten: Ich zeige 3 Karten, dann nehme ich eine Karte weg. Was fehlt? Für die Kinder gibt es die gleichen Bildkarten in klein, jeweils in Farbe und in den Arbeitsblättern zum Schreiblehrgang auch in ähnlicher Form in schwarz weiß.
So sind die Bilder der Bildkarten und der Arbeitsblätter, die Anlautwörter der Anlauttabelle und die ersten Lesewörter in interaktiven pdf Dateien aufeinander abgestimmt. In den interaktiven pdfs können die Schüler am Handy, Tablet oder Smartphone die Vokabeln noch einmal lesen und deren Artikel bestimmen.
Basteln und kreativ sein
Zum Lesen und Schreiben lernen gehört für mich auch Kreativität einfach dazu. Im normalen Unterricht habe ich manchmal einen Malwettbewerb zum aktuellen Buchstaben gemacht, oder in einer Fühlbox Gegenstände zum erraten versteckt. Im Distanzunterricht fällt die Fühlbox aus, aber in der Videokonferenz habe ich ein Zaubersäckchen, in dem ich einen Gegenstand verstecke und die Kinder dürfen raten, was sich im Sack befindet. In den ersten Wochen, habe ich das Säcklein gefüllt. In den Folgewochen habe ich die Schüler dann mit eingebunden. Wir lernen das D, wer hat eine Sache die mit D anfängt? Die Kinder durften mir im internen Chat unserer Onlineplattform eine Nachricht senden. Aus den Einsendungen habe ich dann einfach immer ein bis 3 Kinder ausgewählt, die ihren Gegenstand erraten lassen durfte. Vorteil: die Kids waren in der Videokonferenz Feuer und Flamme und haben sehr viel selbst kommuniziert.
Zum Basteln und kreativ sein gibt es in meinem Schreiblehrgang zu jedem Buchstaben ein Leporello, ein Würfelspiel und eine „kreativ Seite“ bei der die Schüler selbst entscheiden können, wie sie den Buchstaben bearbeiten: Buchstaben aus Zeitschriften ausschneiden, Bilder zum Buchstaben malen oder ausschneiden, aus Wolle legen und kleben oder kneten. Ich war ganz erstaunt über die tollen Ergebnisse, die die Kinder zu Hause gefunden haben: Wörter aus Buchstaben Nudeln, aus Reiskörnern, aus Stöckchen, Gummiringen, aus Tetrapack Streifen (glänzt silber und sah super aus).
Legekreise
Im Präsenzunterricht nutze ich unheimlich gern Legekreise. Ich drucke sie auf festes Papier und lasse sie zum Beispiel im Morgenkreis von den Kindern Puzzeln, wenn wir einen neuen Buchstaben einführen. Jedes Kind bekommt ein Puzzleteil und dann wird gemeinsam geschaut, wie sich der Kreis aufbaut, worum es wohl geht, wir raten, welche anderen Wörter auch noch in den Kreis passen könnten… Für den Distanzunterricht hatte ich mir über Legekreise keine Gedanken gemacht. Aber wir hatten ja 29 Wochen Distanzunterricht und ziemlich zum Ende des Schuljahres sagte ein Mädchen: „Weißt du was ich vermisse außer meinen Freunden? Diese Kreise, die wir gemacht haben…“
Darüber hab ich mich total gefreut, denn es ist ja selten dass Schüler einem so etwas sagen. Die Legekreise von der Klassengröße auf A4 Größe zu bringen war auch nicht so schwer. Und so kann ich nun zu jedem Buchstaben als Wahlaufgabe auch einen farbigen Legekreis mit in den Wochenplan geben.
Lesen und Schreiben lernen im Distanzunterricht geht nicht?
Ich glaube schon, dass das gehen kann. Man braucht eine enorm gute Zusammenarbeit mit den Eltern / Erziehungsberechtigten, den Kindern und sehr viel mehr Geduld. Und klar, nicht alles funktioniert perfekt. Aber es ist weniger schlimm, als ich es mir vorgestellt hatte. Vor allem braucht man aber gute Nerven und eine positive Einstellung, egal wie hart die Situation ist.
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Kategorien:Allgemeines, DaF / DaZ, Deutsch